Painting the Modern Garden: Monet to Matisse
David Bickerstaff, GB, 2016o
Haben die durchkomponierten, aber halbwild anmutenden Gärten, die im 19. Jahrhundert aufkamen, nicht nur Impressionisten wie Monet, Pissarro und Bonnard beflügelt, sondern auch die Entwicklung der Malerei zur modernen Abstraktion? Ausgehend von einer Londoner Ausstellung taucht dieser Dokumentarfilm ein in das Formenspiel der Kunst und der Natur und bereist die Atem beraubenden Gärten, für die sich Monet & Co. ebenso verausgabten wie für ihre Kunst.
Bis weit ins 19. Jahrhundert waren Gärten ein Privileg und Statussymbol des Adels. Mit der Erstarkung des Bürgertums änderte sich nicht nur dies, sondern auch die Konzeption der Gärten: die Domestizierung der Natur in streng symmetrischen Pflanzenkorsetts wich der englischen Idee eines harmonischen, halbwild anmutenden Gartens. Zu den leidenschaftlichsten frühen Anhängern dieses Konzepts gehörten viele impressionistische Maler, allen voran Claude Monet, der seinen 1890 erworbenen Landsitz Giverny ausserhalb von Paris mit unermesslichem Aufwand zu einer paradiesischen Parkanlage inklusive Seerosenteich ausbaute und schliesslich nur noch dort malte. Der Dokumentarfilm Painting the Modern Garden basiert auf einer gleichnamigen Ausstellung in London und zeichnet in durchkomponierten Natur- und Ölbildern nach, wie die Gartenobsession eine ganze Generation von Malern prägte, bei Postimpressionisten wie Max Liebermann und Emil Nolde schliesslich zur Abstraktion tendierte und mit Matisse und Kandinsky ganz dort ankam – Monet selbst hatte mit seinen monumentalen späten Seerosenbildern ja schon immersive Rauminstallationen geschaffen. Ebenso liebevoll wie die Gemälde lotet der Film die Gärten aus, schwelgt in einem Meer von Blüten, ihrer kunstvollen Arrangierung und Erörterung durch Kennerinnen und Könner mit Schaufel und Pinsel. Nicht nur ein Film für Kunstfreaks somit, sondern erst recht einer für Gartenjunkies zur Milderung spätwinterlicher Entzugssymptome.
Andreas Furler