The Blue Gardenia
Fritz Lang, USA, 1953o
Just an ihrem Geburtstag erfährt die Telefonistin Norah per Brief, dass ihr Verlobter eine andere Frau heiraten will. Aus Frust lässt sie sich mit einem Playboy ein, der sie betrunken macht und schon am ersten Abend über sie herfallen will. Sie greift zum Feuerhaken. Am nächsten Morgen wacht sie verkatert in ihrer Wohnung auf und kann sich an nichts erinnern. Aus der Zeitung erfährt sie, dass der Playboy tot aufgefunden wurde.
Der deutsche Regisseur Fritz Lang (Metropolis, Doktor Mabuse) drehte in seinen 22 Hollywood-Jahren 24 Filme. Unvermeidlich bei dieser Kadenz, dass die Qualität schwankte, unbestreitbar etwa, dass der späte Film noir The Blue Gardenia hanebüchen konstruiert ist: Eine junge Frau lässt sich im Liebeskummer mit einem Wüstling ein, der die Volltrunkene in seiner Wohnung vergewaltigen will. Sie wehrt sich mit einem Feuerhaken und fällt in Ohnmacht. Am andern Morgen kann sie sich an nichts erinnern und erfährt, dass der Wüstling tot und sie vielleicht seine Mörderin ist. Die Konstellation erinnert an Langs berühmteren Film The Woman in the Window (1944), in dem ein braver Professor eine Femme fatale ermordet und am Ende haarsträubender Folgen feststellt, dass alles ein böser Traum war – was auch den abenteuerlichen Plot elegant rechtfertigt. In The Blue Gardenia wird dieser Traum wahr und noch dadurch verschlimmert, dass ein vollmundiger Zeitungskolumnist der mutmassliche Täterin Hilfe verspricht, die er dann doch nicht leisten kann. Auch aus dieser Kalamität retten sich Lang und seine Drehbuchautoren mit einem schamlosen Kniff, der die Noir-Mär ins optimistische 50er-Jahre-Melo umbiegt, doch interessant sind, abgesehen von wunderbar expressiven Schattenspielen zwei andere Dinge. Erstens verpasst Lang der Protagonistin und ihren zwei Mitbewohnerinnen allen den gleichen platinblonden Look und das gleiche Ziel einer guten Partie, den ebenso uniform gekleideten Männer allen die gleiche Schwätzer-Rhetorik und macht damit den Konformitätsdruck seiner Zeit als eigentlichen Treiber des Dramas kenntlich. Zweitens hat er in Anne Baxter jene Hauptdarstellerin zur Verfügung, die mit ihrem leidenden Blick und ihrer samtigen Stimme schon in All About Eve (1950) die gesamte Showbiz-Kamarilla betörte. In The Blue Gardenia kann man ihr dabei zusehen, wie sie Drehbuchblech in Gold oder, sagen wir, immerhin Silber verwandelt.
Andreas Furler